Orale Restriktionen
Man spricht von Oralen Restriktionen, wenn verkürzte Zungen- und/ oder Lippenbänder vorhanden sind. Die Beurteilung, ob eine orale Restriktion vorliegt, geschieht auf Grundlage der Kombination von:
01
anatomischem Erscheinungsbild
Herzförmige Zunge, hoher schmaler Gaumen, vorstehender Unterkiefer, Vorstehende Frontzähne etc.
03
entsprechende Symptome
Saug-/ Essstörungen, Schluckstörungen, Zahn, Kieferfehlstellungen, Mundatmung, Sprechprobleme, Bruxismus, Enuresis etc.
02
Funktionsanalyse
Einschränkung der Zungenfunktion, Einschränkungen der Lippenfunktion, Bewegungseinschränkungen der Zunge/ der Lippen etc.
04
Ausschluss von Differentialdiagnosen
körperliche Verspannungen, Blockaden, Essverhaltensstörung, neurologische Einschränkungen, fehlerhafte Still-/ Flaschenpositionen etc.
Die Diagnose
Die Diagnose einer Oralen Restriktion kann ein auf diesem Gebiet spezialisierte*r Kinderärzt*in, Zahnärzt*in oder Kieferorthopäd*in stellen. Die Indikation für die Frenotomie (Durchtrennung des Bandes) stellt immer (im Idealfall auf dem Gebiet weitergebildete*r) Ärzt*in. Wann und ob eine Frenotomie durchgeführt werden sollte, ist von vielen Faktoren abhängig und eine individuelle Entscheidung. Zum Teil kann auch ein zweizeitiges Vorgehen erwogen werden, bei dem erstmal das Band nur angetrennt und zu einem späteren Zeitpunkt endgültig getrennt wird. Dies ist vor allem bei fehlender Compliance (zwischen dem 1. und 4. LJ) sinnvoll. So kann unter Umständen das Hauptproblem zufriedenstellend behoben werden, darauf aufbauend kann logopädisch die Bewegung der Zunge gefördert werden und die entgültige Trennung des Zungenbandes kann zu einem späteren, passenderen Zeitpunkt erfolgen.
Da diese Symptome bzw. Probleme auch durch andere Ursachen hervorgerufen werden können, ist eine gesamtheitliche Abklärung wichtig, um die Rolle des Zungenbandes im Problemkomplex abschätzen zu können.
Wir führen dann mit euch oder eurem Kind eine Funktionsanalyse durch und erfragen die auftretenden Einschränkungen/ Symptome.
Für die differentialdiagnostische Betrachtung haben wir ein großes interdisziplinäres Netzwerk aus Hebammen, Stillberater*innen, Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen, Osteopath*innen, Chiropraktor*innen, Cranio-Sakraltherapeutinnen und Zahnärzt:innen aufgebaut, dieses ermöglicht uns das Weiterverweisen und eine gesamtheitliche Einschätzung.
In vielen Fällen bedeutet es auch, dass keine Frenotomie nötig ist, weil Symptome durch die ganzheitliche Behandlung soweit verschwinden, dass sie nicht mehr einschränken. Unnötige Eingriffe können so verhindert werden. In anderen Fällen bedeutet es, dass die Frenotomie bestmöglich vorbereitet werden kann, damit sich im Nachgang physiologische Muskelfunktionen einstellen können. Somit gewähren wir ein positives Gesamtergebnis.
Wir möchten hier darauf hinweisen, dass die Information, dass Zungenbänder dehnbar sind, veraltert ist. Das Zungenband besteht aus Kollagen Typ I. Dieser ist nicht dehnbar. Wir können jedoch umliegende Muskulatur mobilisieren, kompensatorische Muskulatur lockern und abhängig von der Einschränkung physiologische Funktionen trainieren. Um die physiologische Bewegungsfreiheit bei oralen Restriktionen wiederherzustellen, muss ein zu kurzes Band chirurgisch gelöst werden.
Wir begleiten alle Patient:innen unabhängig vom Alter in der Vorsorge und in der Nachsorge. Ihr erhaltet von uns individuelle Übungen, die ihr selber oder ihr mit eurem Kind vor und nach dem Eingriff durchführt, um Muskelaufbau und Zungenbeweglichkeit zu fördern. Wir machen erfolgreiche Frenotomien durch den Abbau von Kompensationen und die Verbesserung von Kraft und Koordination der Zungen- und Lippenmuskulatur möglich. Erst, wenn Mundschluss mit kombinierter Nasenatmung und physiologischer Zungenruhelage möglich ist, empfehlen wir Frenotomien. Wir beraten, klären auf, leiten an und wir empfehlen ggf. an Partner unseres Netzwerkes. Nach der Frenotomie begleiten wir euch durch das Aktive Wundmanagement bei Säuglingen und zeigen euch Übungen (ähnlich wie bei der REHA nach OP) und passen diese individuell auf eure oder die Fähigkeiten eures Kindes an.
Ärzt*innen und angrenzende Berufsgruppen erhalten von uns einen von uns entwickelten Handlaufzettel, auf dem unsere Befundung, Therapieerfolge und weitere Einschränkungen und Ziele ersichtlich sind. Damit gewährleisten wir eine schnelle Kommunikation untereinander und schnelle interdisziplinäre Erfolge.